„Das Leben ist teuer und bringt immer neue Herausforderungen mit sich – auch finanzieller Natur. Unvorhergesehene oder auch planbare Veränderungen erfordern von privaten Haushalten immer wieder Anpassungen an neue Lebenslagen und führen auch oft zu schwerwiegenden Problemen. Wir erleben das bei der Caritas fast jeden Tag“, sagte Caritas-Direktor Paolo Valente heute bei der Vorstellung der Budgetberatung, einem neuen Präventionsangebot der Caritas Schuldnerberatung. Das Projekt bietet fachliche Beratung an, damit Familien und Alleinlebende sich für zukünftige Herausforderungen rüsten und Krisensituationen vorbeugen können. „Finanzielle Schwierigkeiten bedeuten eine enorme Belastung für Körper und Seele. Damit es erst gar nicht dazu kommt, bieten wir eine unabhängige Fachberatung an, die bisher in Südtirol gefehlt hat. Sie wird von der Schuldnerberatung koordiniert und ist für alle Interessierten kostenlos zugänglich“, so Valente.
Die Budgetberatung ist, anders als die Schuldnerberatung, für Menschen gedacht, die sich (noch) nicht in finanziellen Notsituationen befinden, sich jedoch einen besseren Überblick über ihre Haushaltsfinanzen verschaffen möchten. „Empfehlenswert ist eine solche Beratung besonders, wenn im Leben Veränderungen anstehen, die auch Auswirkungen auf die eigenen Finanzen haben. Das kann die die Geburt eines Kindes sein, der Auszug aus dem Elternhaus, der Kauf einer Wohnung, der Pensionsantritt oder eine Trennung oder Scheidung“, erklärt die Budgetberaterin Petra Priller. Dann sei ein zusätzlicher, unabhängiger Blick von außen besonders hilfreich um das eigene Haushaltsbudget zu optimieren und Sparmöglichkeiten zu erkennen.
In der persönlichen Beratung wird zunächst das Haushaltsbudget analysiert. „Schon dadurch werden oft Umschichtungs- und Einsparungspotenziale deutlich“, erklärt Petra Priller. Dann erstellen die Budgetberater gemeinsam mit den Ratsuchenden einen auf die persönliche Lebenssituation angepassten Haushaltsplan, damit das zur Verfügung stehende Geld den persönlichen Bedürfnissen entsprechend eingesetzt werden kann. „Das ist in einem Haushalt mit mehreren Personen nicht immer einfach. Oft stehen verschiedene Interessen und Wünsche einander gegenüber“, gibt Petra Priller zu bedenken. Deswegen helfen die Berater auch beim Erarbeiten von Entscheidungsgrundlagen, schlagen Lösungen vor und vermitteln bei Uneinigkeiten zwischen Paaren oder zwischen Eltern und Kindern. „Letztendlich geht es darum, die eigene finanzielle Situation gut zu kennen. Das gibt Sicherheit. Auf dieser Basis können Handlungsspielräume definiert und gemeinsame Entscheidungen getroffen werden. Damit wird es möglich, dem eigenen Geld den Weg zu weisen, anstatt sich am Ende des Monats zu wundern, wohin es gegangen ist“, bringt es die Caritas-Mitarbeiterin auf den Punkt.
Als Grundlage für die Budgetberatung dienen so genannte Referenzbudgets, die das AFI-Arbeitsförderungsinstitut erstmals für Südtirol ausgearbeitet und der Budgetberatung zur Verfügung gestellt hat. Als arbeitnehmernahes Forschungsinstitut befasst sich das AFI anhand diverser Studien unter anderem mit sozialer Gerechtigkeit, Einkommensstruktur und Armut in Südtirol. „Anhand unserer regelmäßigen Umfragen für das AFI-Barometer haben wir festgestellt, dass sich ein Drittel der Haushalte in Südtirol schwer tun, mit ihrem Einkommen bis ans Monatsende zu kommen. Deshalb wollten wir diese Thematik vertiefen und haben uns mit der Frage befasst, wie viel es braucht, um in Südtirol einen angemessenen, wenn auch bescheidenen Lebensstandard zu führen“, erklärt der Direktor des AFI, Stefan Perini. Das Ergebnis dieser Recherchen sind die Referenzbudgets. Sie sind Ausgabenraster, die für verschiedene Haushaltstypen in Südtirol gelten. Sie zeigen, mit welchen Ausgaben ein Haushalt mit einer, zwei oder mehreren Personen abhängig von der Heimatgemeinde in der Regel zu rechnen hat und welches Einkommen erforderlich ist, um alle Kosten zu stemmen. „Die Herausforderung für unsere Forscher bestand darin, das österreichische Modell der Referenzbudgets auf die Südtiroler Situation herunter zu brechen, zumal Datenlage, Ausgabeverhalten und Preisniveau nicht dieselben sind“, erläutert AFI-Direktor Stefan Perini.
„Die Referenzbudgets sind wichtige Leitfäden zum Erstellen des ganz persönlichen Budgets. Dabei sind sie keineswegs dazu gedacht, Vorschriften zu machen, sondern zeigen einfach auf, wie viel Einkommen nötig ist, um ein würdiges Leben zu führen“, erklärt Petra Priller. Zusätzlich dienen sie zur Orientierung und helfen herauszufinden, welche der eigenen Ausgaben einer genaueren Überprüfung bedürfen und wo im Budget umgeschichtet werden sollte und könnte.
Die Budgetberatung wird ab sofort kostenlos in Bozen (Sparkassenstraße 1, Tel. +39 0471 304 380), Meran (Rennweg 52, Tel. +39 0473 495 630), Brixen (Bahnhofstraße 27/a, Tel. +39 0472 205 927) und Bruneck (Paul-von-Sternbachstraße 6, Tel. +39 0474 413 977) angeboten. Interessierte können sich online unter bb@caritas.bz.it anmelden oder telefonisch einen Termin vereinbaren. Unter www.budgetberatung.it stehen Haushaltslisten zur Verfügung, auf denen alle Ein- und Ausgaben vermerkt werden können. Die Listen können direkt am Computer oder händisch ausgefüllt werden. Sie dienen auch als Orientierung beim ersten Beratungsgespräch.
Bozen, 09.01.2018