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Die Sprache der Seele - 20 Jahre Caritas Telefonseelsorge

Menschen in Lebenskrisen und Notsituationen brauchen eine leicht erreichbare Anlaufstelle.

Eine solche bietet die Caritas über ihre Telefonseelsorge seit 20 Jahren an. Anlässlich dieses Jubiläums fand im Bozner Pastoralzentrum eine Tagung zum Thema „Die Sprache der Seele“ statt. Namhafte Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen beleuchteten dabei die Seelsorge als Teil des sozialen Netzes in Südtirol aus verschiedenen Blickwinkeln.

 

„Der Begriff Seelsorge hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert. Heute beinhaltet diese Art der Begleitung, sich zu kümmern, da zu sein, offen zu sein für die Anliegen und Sorgen der Menschen, ohne zu urteilen oder zu werten, damit sie frei über alles sprechen oder schreiben können, was sie in diesem Moment beschäftigt, und dadurch Entlastung und Orientierung finden. Genau das tun wir seit 20 Jahren in der Telefonseelsorge“, erklärte Monika Steger, die Leiterin des Caritas-Dienstes bei der Tagung, die im Bozner Pastoralzentrum im Beisein von Bischof Ivo Muser, Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer, Landesrätin Waltraud Deeg und zahlreicher Interessierter stattgefunden hat. 

Wie wichtig die Sorge für die Seele als ganzheitliches und leicht zugängliches Begleitangebot im sozialen Netz ist, zeigten mehrere Referenten bei der Tagung auf. Alexander Notdurfter, Professor für Pastoraltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen und Georg Reider, Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Verona beleuchteten die Entwicklung der Seelsorge und ihre Rolle im sozialen Begleitsystem. Doris Gatterer, Ärztin für Allgemeinmedizin, referierte über den Zusammenhang von seelischen und körperlichen Leiden und betonte die Notwendigkeit seelsorgerischer Tätigkeit auch in der Hausarztpraxis. Andreas Conca, Direktor des psychiatrischen Dienstes in Bozen, und der Kinderarzt Martin Achmüller sprachen sich dafür aus, Seelsorge als Präventionsarbeit nicht nur für körperliche, sondern auch für seelische Leiden zu leisten. Am runden Tisch plädierten Vertreterinnen und Vertreter anderer psychologischer Anlaufstellen wie die Notfallseelsorge, die Krankenhausseelsorge und die Notfallpsychologie dafür, das soziale Netz gemeinsam weiterzuknüpfen und weiterzuentwickeln, um Menschen in Krisensituation noch besser auffangen zu können.

„Es braucht spezialisierte Fachdienste, aber auch einfach zugängliche Begleitangebote wie die Telefonseelsorge, die auch außerhalb der Bürozeiten unkompliziert erreichbar ist“, brachte es Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer auf den Punkt. Das habe die Erfahrung aus den vergangenen 2 Jahrzehnten mehr als deutlich gezeigt. Die Freiwilligen, die dafür sorgen, dass die Menschen rund um die Uhr einfühlsame Ansprechpartner finden, leisten daher einen sehr wichtigen gesellschaftlichen Dienst. Sie werden von der Caritas ausgebildet und auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Insgesamt 80 Frauen und Männer sind derzeit ehrenamtlich im Einsatz.

Seit der Eröffnung des Dienstes vor 20 Jahren haben die Freiwilligen fast 168.000 Mal den Hörer abgehoben – viele Anrufe gingen in den Mittags- Abend- und Nachtstunden ein. „Die einen rufen an, weil sie nicht weiterwissen oder weil sie einfach einmal mit jemand Ausstehendem über ihre Sorgen und Probleme reden möchten, andere wollen sich informieren, wo und wie sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können. Viele melden sich auch, weil sie mehr oder weniger schwere Krisen durchmachen. Sie möchten sich aussprechen und sind froh, dass sie telefonisch begleitet werden“, berichtet Monika Steger. Und dann seien da noch diejenigen, meist mit einer psychiatrischen Diagnose, die sich übers Jahr sehr oft, manchmal sogar mehrmals in der Woche melden, weil sie Beistand brauchen und die Gewissheit, dass jemand da ist, wenn es ihnen nicht gut geht. Die Anrufenden sind vorwiegend deutscher Muttersprache, weil ein ähnliches Angebot in italienischer Sprache von „Telefono Amico Italia“ gewährleistet wird.

Dabei seien die Anliegen so vielfältig wie die Ratsuchenden selbst. „Eigentlich kommt jedes Thema zur Sprach: Vom Liebeskummer bis hin zu psychischen Problemen, keine Kraft mehr fürs Leben, Probleme in der Ehe, das Gefühl zu scheitern, Sucht und immer wieder die Einsamkeit, die sich in den vergangenen Jahren durch die Pandemie erhöht hat“, so Steger. Gerade in den vergangenen Monaten sei auch vermehrt die Angst um die Zukunft spürbar, angesichts von Corona Krieg und Teuerungen. Stark tabubesetzte Themen, wie Missbrauch, Mobbing, aber auch Geschlechteridentität kämen hingegen in der Onlineberatung sehr direkt und offen zur Sprache. Seit November 2018 können sich Ratsuchende dort so anonym wie am Telefon mit einem Benutzernamen und Passwort anmelden und ihr Anliegen schriftlich in Worte fassen. Fast 300 Schreibende, vorwiegend junge Menschen und Jugendliche, haben sich in den vergangenen vier Jahren über die Onlineberatung meist über einen längeren Zeitraum mit den Beraterinnen und Beratern des Caritas-Dienstes ausgetauscht. Zukünftig will man daher in der Telefonseelsorge die modernen Kommunikationsmittel stärker nutzen, um noch näher bei den Menschen zu sein.

Die Caritas Telefonseelsorge ist unter der Nummer 0471 052 052 Tag und Nacht durchgehend zu erreichen, speziell auch an Sonn- und Feiertagen. Die Onlineberatung ist unter der Webadresse telefonseelsorge-online.bz.it ebenfalls rund um die Uhr erreichbar.

Landesrätin Waltraud Deeg, Bischof Ivo Muser, Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer, TS-Leiterin Monika Steger
Monika Steger, die Leiterin der Caritas Telefonseelsorge
Monika Steger, die Leiterin der Telefonseelsorge, Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer und Ilse Jäger, Mitarbeiterin der Telefonseelsorge

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