„Eine Gemeinde ist diejenige öffentliche Einrichtung, die den Bürgern am nächsten steht. Deshalb sind es auch die Gemeindeverwaltungen, welche die Bedürfnisse der Menschen am besten erkennen und wirksame Antworten darauf geben können, indem sie andere Gemeinden oder die Landesverwaltung einbinden, ebenso wie die Bürger und ihre Organisationen“, unterstreicht Caritas-Direktor Paolo Valente. Die diözesane Caritas sei im ganzen Land präsent und Ausdruck einer Zivilgesellschaft, die den Auftrag hat, die Gemeinschaft auf ihre grundlegenden Aufgaben hinzuweisen: aufnehmen, beschützen, voranbringen und integrieren.
Besondere Herausforderungen und Handlungsbedarf sieht die Caritas, die dazu ihre Mitarbeiter und Freiwilligen befragt hat, für die neuen Gemeindeverwalter in 6 Bereichen:
- Ausreichend Wohnraum und Unterkünfte auch für Schwächere
- Ausbau der Einrichtungen und Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen
- Bessere Bildungszugänge für Erwachsene, besonders Migrantinnen
- Mehr Unterstützungsangebote in der Pflege, der Hospizarbeit und der Palliativversorgung
- Mehr Angebote für die soziale Freiwilligenarbeit
- Förderung des Gemeinwesens gegen die Zunahme von Einsamkeit und seelischem Druck
Die Gemeinde als Teil des Gemeinwesens, der „res publica“, habe laut Valente die Pflicht „die Hindernisse wirtschaftlicher und sozialer Natur aus dem Weg zu räumen, welche die Freiheit und die Gleichheit der Staatsbürger einschränken, die volle Entfaltung der menschlichen Person verhindern sowie der wirksamen Teilnahme aller Arbeiter an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gestaltung des Landes im Wege stehen“, erinnert Valente an Artikel 3 der italienischen Verfassung.
„Der Dienst am Nächsten darf nicht nur auf Institutionen und Professionelle abgeschoben werden. Wirklich wirksam ist dieser nur, wenn alle Ebenen der Gesellschaft in diesen eingebunden sind“, ist Valente überzeugt. Die Armut im eigenen Territorium zu beseitigen, sei spezifische Aufgabe der Gemeinden und der Bezirksgemeinschaften. „Armut zu beseitigen bedeute aber nicht, die Armen zu beseitigen oder sie aus dem eigenen Territorium zu entfernen, sondern sich dahingehend um sie zu kümmern, indem die Ursachen der Armut beseitigt werden“, sagt Valente. Das könne beispielsweise dadurch geschehen, indem man mit den Verantwortlichen des dritten Sektors in den Austausch tritt, einen Austausch auf gleicher Augenhöhe nach dem Prinzip der Subsidiarität. „Und es müssen die Bürger und die Gemeinschaft dazu animiert werden, auch selbst Antworten auf die Bedürfnisse der Personen zu geben, wie zum Beispiel auf Menschen, die unter Einsamkeit oder sozialer Isolation leiden“, sagt Valente.
„Leider ist immer wieder zu beobachten, dass Dienste für benachteiligte Bevölkerungsgruppen in manchen Ortschaften zunehmend in der Peripherie angesiedelt werden. Es ist aber wichtig, dass soziale Dienste im Stadt- bzw. Dorfzentrum bleiben, dort, wo sich das Leben der Menschen abspielt und wo sie deshalb auch erreicht werden können bzw. sie die Dienste auch leicht erreichen“, ist Valente überzeugt. „Durch die Verlegung in die Peripherie gehen auch soziale Kontakte verloren. Integration ohne Infrastruktur kann nicht funktionieren. Ausgrenzung und Stigmatisierung steigen und es entsteht die Gefahr einer Ghettobildung“, schließt Valente seinen Appell an die künftigen Gemeindeverwalter.