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„Wir leben noch!“: 20 Jahre Haus Emmaus und 25 Jahre Iris

Anders als vor 25 Jahren bedeutet Aids heute kein Todesurteil mehr. Die Situation der Betroffenen hat sich in medizinischer Hinsicht sehr verändert, doch vieles andere ist gleichgeblieben. So haben sich Vorurteile und Ängste rund um die Infektionskrankheit hartnäckig gehalten. Um diesen entgegenzuwirken, hat die Caritas am heutigen Weltaidstag zu einem Beisammensein ins Haus Emmaus eingeladen, einer Wohngemeinschaft für HIV-positive und aidskranke Menschen in Leifers. Nach einem Gottesdienst mit Bischof Ivo Muser erhielten die Gäste Einblick in den Alltag im Haus und in die Arbeit mit den Betroffenen. Mit dem Slogan „Wir leben noch!“ wurden auch zwei Jubiläen gefeiert, nämlich das 20jährige Bestehen von Haus Emmaus und der 25. Geburtstag des Dienstes Iris. „Ein herzlicher Dank gilt allen, die diesen Menschen helfen, ihre schwere Last zu tragen“, betonte Caritas-Direktor Paolo Valente, der Freiwillige und Mitarbeiter der beiden Dienste einlud, weiterhin christlich, mutig und solidarisch an der Seite der Betroffenen zu bleiben.

50.000 Übernachtungen allein in den vergangenen 10 Jahren, über 100 Gäste in 20 Jahren, 6.000 psychotherapeutische Beratungsgespräche, über 100 Musikveranstaltungen im Krankenhaus: Es gäbe noch mehr Zahlen zu den Diensten der Caritas für HIV-positive und aidskranke Menschen, doch angesichts von gleich zwei Jubiläen wurden am Weltaidstag die Menschen in Vordergrund gerückt, die hinter diesen Zahlen stehen: Männer und Frauen, die von HIV und Aids betroffen sind, freiwillige Helferinnen und Helfer, engagierte Mitarbeiter. Gemeinsam mit ihnen feiert die Caritas am heutigen Weltaidstag das 20jährige Bestehen von Haus Emmaus und den 25. Geburtstag des Dienstes Iris. Auftakt der Feierlichkeiten war ein Gottesdienst mit Bischof Ivo Muser im Haus Emmaus in Leifers.

“Wir haben für die heutige Feier den Slogan ’Wir leben noch!’ gewählt”, erklärt Pierpaolo Patrizi, Psychotherapeut und Leiter von Iris. „Denn an Aids stirbt man heute kaum noch, da hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wirklich viel getan. Was aber seit einem Vierteljahrhundert gleich geblieben ist, sind die Vorurteile und die Ängste, die mit der Infektionskrankheit einhergehen und die den Betroffenen noch mehr zu schaffen machen, als die Krankheit selbst“, weiß Patrizi aus langjähriger Erfahrung im Dienst Iris, der in den 25 Jahren seines Bestehens dank der Mithilfe von etwa 100 Freiwilligen über 100.000 Betreuungs- und Begleitstunden für Aids- und HIV-Betroffene geleistet hat. „Die Nöte und Bedürfnisse haben sich über die Jahre hinweg sehr verändert. Gleichgeblieben ist allerdings das Bedürfnis nach Gesprächen und nach mehr Offenheit“, betont der Patrizi, der zu Solidarität und Verständnis aufruft: „Gemeinsam können wir weiter an einer Kultur bauen, die nicht nur die medizinischen Probleme im Blick hat, sondern die darüber hinaus sensibilisiert und aufklärt“. Das sei besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Neuinfektionen in Südtirol mit 20 Fällen im Jahr seit 1990 in etwa gleich hoch geblieben ist. Heuer ist sie sogar auf 25 angestiegen, wie Latha Gandini, verantwortliche Ärztin der Infektionsabteilung des Krankenhauses Bozen im Rahmen der Veranstaltung im Haus Emmaus bekanntgegeben hat.

Nach einem feierlichen Gottesdienst mit Bischof Ivo Muser und einer Pressekonferenz, an der auch Sozial- und Gesundheitslandesrätin Martha Stocker teilgenommen hat, waren die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter zu einem gemeinsamen Umtrunk mit langjährigen Weggefährten und mit den Bewohnern von Haus Emmaus eingeladen. „Hier im Haus wird deutlich, dass Solidarität eine zutiefst menschliche Eigenschaft ist und wachsen kann“, sagt Danilo Tucconi, der Leiter des Hauses Emmaus, das seit 20 Jahren HIV- und Aidsbetroffene aufnimmt und betreut. „Heute ist Haus Emmaus ist nicht mehr das Sterbehospiz, als das es in seinen Anfängen gesehen wurde. Es ist vielmehr zu einem Ort intensiven Lebens geworden. Unsere Gäste können in geschütztem Rahmen in Würde und Gemeinschaft leben und am gesellschaftlichen Leben teilhaben“.

In den 20 Jahren seines Bestehens hat Haus Emmaus etwa 100 Menschen aufgenommen. Insgesamt wurden über 50.000 Übernachtungen verzeichnet von Frauen und Männern, die hier ein paar Monate oder auch Jahre verbracht haben. Gemeinsam mit den Sozialassistenten und dem Amt für Arbeit ist die Caritas darum bemüht, die Bewohner auch in ihrer Eigenständigkeit zu fördern, damit sie selbständig leben und auf eigenen Beinen stehen können. „Besonders wichtig ist uns auch die enge Zusammenarbeit mit der Abteilung für Infektionskrankheiten am Bozner Krankenhaus, mit dem Dienst für Abhängigkeitserkrankungen, mit dem Verein Hands und mit dem Zentrum für psychische Gesundheit“, betont Tucconi.

In der Betreuung von Menschen mit HIV und Aids kann die Caritas auch auf zahlreiche Freiwillige zählen, die seit 20 bzw. 25 Jahren wertvollen Beistand leisten. “Jubiläen sind besondere Gelegenheiten zurückzublicken und nach vorne zu schauen. Es sind Gelegenheiten, um den vielen freiwilligen Mitarbeitern zu danken, die den von der Krankheit betroffenen Frauen und Männern helfen, die schwere Last zu tragen. Sie leisten ganz im Stillen Großes. Ihr unermüdlicher Einsatz lässt hoffen, dass diese Hilfe auch in Zukunft weitergeht, ganz im Sinne des diözesanen Jahresmottos ‚Auf dein Wort hin: christlich, mutig, solidarisch‘“, bedankt sich Caritas-Direktor Paolo Valente bei allen Helfern, Mitarbeitern, Netzwerkpartnern und Weggefährten.

 

Die Caritas unterstützt Menschen mit HIV und Aids

Caritas Iris
Die Freiwilligengruppe Iris begleitet HIV-Betroffene in verschiedenen Lebenssituationen. Koordiniert und fachlich unterstützt werden sie dabei vom Psychologen und Psychotherapeuten Pierpaolo Patrizi. Die 15 Freiwilligen der Caritas Iris begegnen den Betroffenen vorurteilsfrei und unterstützen sie in Krisensituationen – zu Hause, am Sitz des Dienstes in der Bozner Sparkassenstraße und in der Infektionsabteilung des Bozner Krankenhauses. Im Rahmen von Iris ist außerdem der Musiktherapeut Roberto Ghiozzi tätig und bietet therapeutische Treffen am Sitz des Dienstes in der Bozner Sparkassenstraße 1 sowie im Krankenhaus an.

Haus Emmaus
Haus Emmaus ist eine Wohngemeinschaft der Caritas für 14 HIV-positive oder aidskranke Menschen in Leifers. Die Bewohner werden gesundheitlich und psychologisch betreut und in spiritueller und pädagogischer Hinsicht begleitet, damit sie den von der Krankheit geprägten Lebensabschnitt annehmen und positiv gestalten können. Die Mitarbeiter bieten zusammen mit Freiwilligen ein Programm an, das ihren hilft, ihren Alltag zu bewältigen und die Tage sinnvoll zu strukturieren. Menschen, bei denen die Krankheit fortgeschritten ist, werden im Haus gepflegt und auf dem Weg des Abschiednehmens begleitet.

Bahngleis 7
Im Mittelpunkt des Bahngleis 7 in der Bozner Garibaldistraße 7 steht zwar nicht speziell die Unterstützung von HIV-Betroffenen, wohl aber der Schutz vor einer möglichen Infektion. Bahngleis 7 ist eine niederschwellige Einrichtung für aktive Konsumenten illegaler Substanzen und Psychopharmaka, sowie für Menschen mit Suchterfahrungen. Um der Ausbreitung von Aids entgegenzuwirken, bietet der Dienst kostenlosen Spritzentausch und Hygienematerialien sowie Beratung über sichere Sexual- und Konsumpraktiken an. Im Bahngleis “ können sich die Betroffenen aufhalten, kostengünstig essen, duschen und ihre persönliche Wäsche waschen.

Leifers, 01.12.2017

 

Bildtext 1: Renata Plattner (Caritas) (v.l.), Bischof Ivo Muser, Caritas-Direktor Paolo Valente, Pierpaolo Patrizi (Leiter Caritas Iris), Sozial- und Gesundheitslandesrätin Martha Stocker, Danilo Tucconi (Leiter Haus Emmaus) und Latha Gandini (verantwortliche Ärztin der Infektionsabteilung des Krankenhauses Bozen)

Bildtext 2: Jubiläumsmesse im Haus Emmaus

Jubiläumsmesse im Haus Emmaus
Jubiläumsmesse im Haus Emmaus
20 Jahre Haus Emmaus
Renata Plattner (Caritas) (v.l.), Bischof Ivo Muser, Caritas-Direktor Paolo Valente, Pierpaolo Patrizi (Leiter Caritas Iris), Sozial- und Gesundheitslandesrätin Martha Stocker, Danilo Tucconi (Leiter Haus Emmaus) und Latha Gandini (verantwortliche Ärztin der Infektionsabteilung des Krankenhauses Bozen)

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