Die Menschen im Mittelpunkt, nicht als passive Hilfsempfänger, sondern als aktiv handelnde Individuen mit unterschiedlichen Schwierigkeiten und Nöten, aber auch mit Fähigkeiten und Ressourcen: Dieser Grundhaltung ist die Sozialberatung treu geblieben, seit sie vor 30 Jahren, damals in den Räumlichkeiten der Stiftung Odar in der Rittnerstraße 1 in Bozen, ihren Dienst aufgenommen hat. Die Anlaufstelle für Menschen in Not war der erste gemeinsam geführte Dienst der italienischen und der deutschen Sektion in der Südtiroler Caritas. Anfangs begrüßten die Mitarbeiter alle Hilfesuchenden mit einer Tasse Tee und Keksen – als Willkommensgeste an einem geschützten Ort, als Zeichen, dass jemand da ist, der zuhört und Hilfe zur Selbsthilfe anbietet.
Bis heute versucht man in der Sozialberatung, mit den Hilfesuchenden eine Beziehung aufzubauen, Vertrauen entstehen zu lassen. „Wir hören zuerst einmal zu, versuchen zu verstehen, welche die Ursachen für die Notsituation sind. Danach arbeiten wir mit den Ratsuchenden ein Programm aus, das genau auf ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten zugeschnitten ist. Wir geben Ratschläge, versuchen gangbare Wege aufzuzeigen, auf denen wir sie auch begleiten. Die Hauptakteure sind dabei aber immer die Menschen selbst. Sie müssen aktiv mitentscheiden und mitarbeiten. Das gibt ihnen letztendlich die Kraft und das Selbstvertrauen ihre Situation langfristig in den Griff zu bekommen“, erklärt Mariano Buccella, der Referent der Sozialberatung.
Seit der Eröffnung der Sozialberatung vor 30 Jahren haben die Mitarbeiter über 80.000 Beratungsgespräche geführt. 2.000 waren es allein im vergangenen Jahr, in dem sich insgesamt 774 Frauen und Männer an den Caritas-Dienst gewandt haben. Dabei nehmen die Anfragen um Unterstützung, beispielsweise für die Kosten für Medikamente, Arztspesen, Mieten, Kondominiumspesen oder auch für Ausgaben für die Ausbildung, stetig zu. „Die Menschen kommen in der Regel mit einem akuten Problem zu uns. Meist sind das materielle Schwierigkeiten, denen aber oft andere Ursachen zugrunde liegen, wie beispielsweise Probleme bei der Arbeitssuche oder im Umgang mit den eigenen Ressourcen, aber auch Abhängigkeitsproblematiken“, erklärt Buccella. Um die Existenz der Menschen zu sichern, sind die Mitarbeiter ihnen unter anderem dabei behilflich, bereits bestehende Unterstützungsangebote im Land auszuloten und in Anspruch zu nehmen.
Neben der Hilfe für Menschen in schwierigen Situationen geht es in der Sozialberatung aber auch darum, aktuelle Entwicklungen zu erkennen und auf neue Nöte in der Gesellschaft zu reagieren, für die es in der Südtirols Soziallandschaft noch kaum Antworten gibt. „Wir möchten die Gesellschaft motivieren, sich nicht abzuwenden, sondern sich den Schwächsten in der Gemeinschaft anzunehmen“, betont Brigitte Hofmann, die Leiterin des Bereiches „Caritas&Gemeinschaft“. Dabei sei die Netzwerkarbeit zwischen öffentlichen und privaten Institutionen genauso wertvoll, wie der Beitrag der Ehrenamtlichen, die auf Pfarreiebene in Bozen, Meran, Leifers und Sterzing Sozialberatungen anbieten.
“Wer einen aufmerksamen Zuhörer findet, fühlt sich als Mensch ernst genommen und respektiert. Das gibt Mut und Selbstvertrauen. Eine Gemeinschaft, die bereit ist, zu teilen und die Bedürfnisse anderer wahrzunehmen. kann den Menschen Würde und Selbstachtung zurückgeben“, bedankt sich der Caritas-Direktor Paolo Valente bei den Freiwilligen, die in den Pfarreien und in der Sozialberatung für Bedürftige da sind. Alle, die in anderer Form, beispielsweise durch Spenden, mithelfen möchten lädt Valente dazu ein, eines der sinnvollen Geschenke der Caritas zu erwerben oder auch weiter zu schenken. „Mit einem ‚Familienpaket‘ helfen sie notleidenden Familien in Südtirol, Krisensituationen zu überbrücken und den Alltag zu meistern. Sie unterstützten sie damit bei notwenigen Ausgaben, wie Arztspesen, Miete, Stromrechnungen oder auch für die Ausbildung der Kinder“, so Valente. Gerade im vergangenen Jahr habe sich gezeigt, dass sich immer mehr Menschen in Südtirol schwertun, die dringendsten Spesen zu decken.