Dank immer effizienterer Therapien ist Aids heute zu chronischen Erkrankung geworden, die bei angemessener Behandlung gut in den Griff zu bekommen ist. Betroffene haben dadurch eine hohe Lebenserwartung, auch ihre Lebensqualität ist kaum vermindert. Dennoch bleibt die Krankheit gefährlich, vor allem dann, wenn sie erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird, was heute noch bei der Hälfte der dokumentierten Neuinfektionen zutrifft. Dazu kommen noch die Vorurteile, mit welchen Betroffene nach wie vor konfrontiert sind.
„Die Diagnose HIV trifft die Betroffenen noch immer mit voller Härte und hat Einfluss auf ihre Situation und auf ihr soziales Umfeld. Die eigentliche Krankheit, das, was mehr Leiden verursacht als alles andere, sind die Vorurteile, die auf Angst beruhen und dazu führen, dass die Menschen weiterhin ausgegrenzt und stigmatisiert werden. Nach Jahren der Pandemie wissen wir, welche Folgen Isolation und Einsamkeit haben können“, gibt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer zu bedenken.
Anlässlich des Weltaidstages plädiert die Caritas daher für mehr Präventionsarbeit auf allen Ebenen, damit eventuelle Infektionen früh erkannt und schlimmere Folgen vermieden werden können. „Prävention ist zu einem Begriff geworden, der sehr oft verwendet, aber nicht immer richtig verstanden wird. Für uns bedeutet Prävention, das Bewusstsein zu schärfen, um Risiken zu vermeiden und über Infektionswege Bescheid zu wissen. Denn nur mit diesem Wissen kann man sich schützen und damit die Verbreitung des Virus eindämmen“, betont Pierpaolo Patrizi, der Leiter Caritas-Dienstes Iris, welcher seit 30 Jahren HIV-positiven Menschen sowie deren Familienmitglieder und Freunde begleitet. „Prävention ist aber auch hilfreich, wenn es um die soziale Komponente der Krankheit geht. Wissen hilft, die Angst vor der Krankheit zu besiegen und sie als das zu sehen, was sie heute ist, nämlich eine chronische Erkrankung, die medizinisch behandelt werden kann und Betroffenen dennoch ein erfülltes Leben und Beziehungen ermöglicht, ohne andere zu gefährden“, so Patrizi weiter.
Präventionsarbeit im Sinne von Bewusstseinsbildung und Vorbeugung wird in verschiedenen Diensten der Caritas bereits seit Jahren großgeschrieben. Das Bahngleis 7 in Bozen beispielsweise, ein Kontaktkaffee für Menschen mit Abhängigkeitsproblemen, bietet ein breit gefächertes Angebot zur Vermeidung von Infektionen an. „Gesundheitsvorsorge ist eine unserer Hauptaufgaben. Dazu gehört vieles, unter anderem der kostenlose Austausch von gebrauchten Spritzen gegen neue, Beratung zum Schutz gegen Ansteckungen, aber auch Informationen über schnelle und einfach zugängliche Testmöglichkeiten auf HIV und Hepatitis. Damit schützen wir nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, und helfen ihnen, gesundheitliche Schäden in Grenzen zu halten. Wir schützen auch die ganze Gesellschaft, weil wir helfen, die Verbreitung von Viren einzudämmen“, betont die Leiterin des Caritas-Dienstes, Patrizia Federer.
Um auch die jüngeren Generationen zu erreichen, öffnet man im Haus Emmaus, einer betreuten Wohngemeinschaft für Menschen mit HIV und Aids in Leifers, auch regelmäßig die Türen für Schulklassen und andere Gruppen. „Wir sind froh, dass die Anfragen nach den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren wieder zunehmen. Meist sind es Schulen, die zu Besuch kommen, unsere Arbeit hier kennen lernen und Zeit mit unseren Gästen verbringen wollen. Das organisieren wir gerne, denn schließlich helfen diese Begegnungen mehr als alles andere, Befürchtungen und Ängste im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten zu überwinden“ erklärt Katiuscia Cabras, die Leiterin der von der Caritas geführten Struktur, die eng mit der Infektionsabteilung des Bozner Krankenhauses zusammenarbeitet und neben den Begegnungen im Haus auch Informationstreffen an der Universität Brixen sowie für die Freiwilligen des Weißen Kreuzes organisiert.
„Unsere Präventionsarbeit zielt darauf ab, die gesundheitliche und soziale Situation im Land insgesamt zu verbessern, durch die Arbeit mit den Menschen in unseren Diensten, aber auch durch Aufklärung, Sensibilisierung und Begegnungsmöglichkeiten, die ein gutes Miteinander fördern“, betont abschließend Beatrix Mairhofer.