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Rainer Binger, langjähriger Geschäftsführer der FWS, der Partnerfirma der Caritas, erklärt, was mit den gesammelten Gebrauchtkleidern passiert, wie transportiert und sortiert, aber auch unter welchen Kriterien sie weiterkauft und weiterverwertet werden.

 

Wie geht es mit den Gebrauchtkleidern weiter, wenn sie in Südtirol verladen und auf dem Weg zu Ihnen nach Deutschland sind?

Rainer Binger (COO Boer Group): Die Sammelware wird von unserer Zentrale in Deutschland aus in eine unserer unternehmenseigenen Sortieranlagen distribuiert.

 

Wie werden die Textilien sortiert?

In der Vorsortierung wird grob zwischen Textilien zur Wiederverwendung und Textilien zur Verwertung unterschieden. Darüber hinaus werden Stör- und Fremdstoffe entfernt. Dabei werden trag- und marktfähige Bekleidung, Schuhe und andere Textilien in bis zu 55 Sorten sortiert. Diese Sorten sind im Bereich der Bekleidung z. B. Damen, Herren, Kinder in unterschiedlichen Qualitätsstufen, aber auch getrennt nach Sommer- und Winterware. In der Feinsortierung wird jeder Artikel, der in der Vorsortierung als markt- und tragfähig eingestuft wurde, ein zweites Mal intensiver betrachtet und dann seiner finalen Produktgruppe zugeordnet. Kriterien für diese Entscheidungsfindung ist die Qualität, Marke, aber auch klimatische, kulturelle sowie religiöse Aspekte finden bei der Zusammenstellung der einzelnen Sorten Berücksichtigung. Auf diese Weise produzieren wir in Handarbeit über 300 unterschiedliche Sorten für die vielfältige Nachfrage in den Weltmärkten.

 

Was geschieht mit den unbrauchbaren Sachen?

Wir übernehmen auch Verantwortung für unbrauchbare Sachen. Alttextilien, die als nicht tragfähig- und marktfähig eingestuft wurden, werden zum einen in unserem Recyclingbetrieb Frankenhuis zu Reißware aufgearbeitet und kommen in unterschiedlichsten Verwendungsbereichen zum Einsatz wie zum Beispiel als Dämmmaterial in Fahrzeugen oder Elektrogroßgeräten. Ein anderer Teil wird bei uns in Schneidbetrieben zu Putzlappen verarbeitet. Nicht recyclingfähige Alttextilien werden energetisch verwertet.

 

Wie und wo werden die Gebrauchtkleider weitervermarktet?

Für Second-Hand Textilien besteht eine weltweite Nachfrage, ca. 70% der Weltbevölkerung trägt Second-Hand. Etwa 67% der Sammelware kann nach der Vorbereitung zur Wiederverwendung als Gebrauchttextil vermarktet werden. Dabei arbeiten wir mit langjährigen Partnern zusammen. Ungefähr 20% dieser Produkte werden innerhalb von Europa vermarket. Außerhalb von Europa gelangen ca. 34% nach Afrika, ca. 12% nach Asien sowie ca. 1% nach Südamerika. Alle Verkäufe an Großhändler erfolgen auf Basis einer Bestellung und Konfektionierung der einzelnen Artikel nach den Wünschen des Kunden.

 

Kritiker merken an, dass der europäische Gebrauchtkleiderhandel die Textilwirtschaft in den ärmeren Ländern des Südens kaputt macht. Stimmt das?

Nein, die Aussage ist nicht korrekt. Zu diesem Ergebnis kommen verschiedene Studien aus mehreren Ländern, die sich mit dieser Frage befasst haben. Ein kürzlich veröffentlichter Report von FairWertung unterstreicht dieses Ergebnis (https://fairwertung.de/shop/secondhand-second-thoughts-gruppe-extern).

 

Was tut Ihre Firma, um zu verhindern, dass ungeeignete Kleidungsstücke z.B. in afrikanischen Ländern zu Bergen von Textilmüll werden, von denen es einige erschreckende Beispiele gibt?

Durch die hochwertige Sortierung in Westeuropa kann abgesichert werden, dass nur tragfähige Produkte nach Afrika exportiert werden. Hierdurch wird die Entsorgung von Textilabfällen ausgeschlossen. Ein weiterer Aspekt unserer aufwendigen Sortierweise ist die bedarfsgerechte Zusammenstellung der Artikel in Bezug auf Qualität, Marke, aber auch klimatische, kulturelle sowie religiöse Aspekte, was die Marktfähigkeit von Produkten betrifft. Dies erfordert darüber hinaus einen regelmäßigen Austausch mit unseren Partnern, um die Nachfrage der Käuferinnern und Käufer bedienen zu können.

 

Der Caritas sind natürlich auch andere ethische Aspekte wie keine Kinderarbeit, gerechte Entlohnung etc. wichtig. Welche Garantien geben Sie hierzu?

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Fundament der Boer Group. Die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze und der Schutz der Arbeitnehmerrechte sowie die Förderung eines sicheren Arbeitsumfelds haben oberste Priorität. Als global agierendes Unternehmen setzen wir uns für ethisches und verantwortungsvolles Verhalten bei allen unseren Tätigkeiten und in unserer Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern ein. Die Einzelheiten sind in unserem Code of Conduct zusammengefasst (https://boergroup.eu/coc).

 

Rainer Binger ist seit 1989 bei der FWS GmbH beschäftigt und hat bundesweit, sowie in den europäischen Nachbarländern das stationäre Sammelsystem aufgebaut. Im Zuge der Fusion 2001 mit der holländischen Boer Gruppe wurde ihm die Geschäftsleitung der Betriebe in Deutschland anvertraut.  Seit 2011 ist Binger im „Board of Directors“ und der COO der Boer Gruppe - zuständig für alle operativen Belange.

 

Boer group: a world of textile recycling


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