Menschen, die sich kaum etwas leisten können, haben oft weniger Zugang zu gesunder Ernährung, Bewegung und guter medizinischer Versorgung. Armut führt zu Stress, der das Immunsystem schwächt, Suchtprobleme und andere Krankheiten verursacht. „Außerdem leben ärmere Menschen oft in schlechteren Wohnverhältnissen und unter ungesunden Bedingungen, was ihren Zustand weiter verschlechtert. Sie leiden oft unter Druck, Erschöpfung und Depressionen, haben einen schlechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen und werden häufiger diskriminiert. Das führt dazu, dass armutsbetroffene Menschen im Durchschnitt 10 Jahre früher sterben als der Rest der Bevölkerung, bei Wohnungslosen sind es sogar 20 Jahre“, sagt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer.
Krankheit macht arm
Umgekehrt können Krankheiten Menschen in die Armut treiben. „Die Kosten für medizinische Behandlungen, Medikamente und eventueller Verlust der Arbeitsfähigkeit führen dazu, dass Menschen wirtschaftlich abrutschen. Vielfach verstärken Gesundheitsprobleme die Armutsspirale“, so Mairhofer. Armut spielt also immer eine Rolle – so oder so. „Zu den Hauptbetroffenen zählen Arbeitslose oder prekär Beschäftigte, Menschen mit niedrigem Bildungsstand, mit Migrationshintergrund, ältere Menschen – vor allem Frauen - mit Mindestrente, Alleinerziehende und Menschen, die in Einsamkeit leben.“
Krankmachende Armut kann aber auch zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problem werden. „Betroffene benötigen oft umfangreiche medizinische Behandlung und stehen dem Arbeitsmarkt wegen schlechter Gesundheit nicht oder nur begrenzt zur Verfügung. Dies fördert Ausgrenzungs- und Spaltungsmechanismen innerhalb der Gesellschaft“, mahnt Mairhofer die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für dieses Thema an.
Die Hilfe der Caritas
Die Hilfe der Caritas setzt an verschiedenen Stellen an: Die Schuldenberatung etwa unterstützt Menschen, die Schwierigkeiten haben, größere Ausgaben wie Mieten, Reparaturen oder Gesundheitskosten wie Zahnbehandlungen und den Ankauf von Medikamenten zu bewältigen. „In diesem Jahr haben wir dafür knapp 140.000 Euro an finanzieller Unterstützung gezahlt“, sagt Petra Priller, die Leiterin der Caritas Schuldenberatung. „Geldprobleme bzw. Schulden können einsam machen, und Einsamkeit führt oft zu psychischen Erkrankungen – für die Betroffenen ein Teufelskreis.“
Seelische Nöte
Davon weiß auch Christiane Folie, die Leiterin der Psychosozialen Beratung der Caritas in Schlanders, einiges zu erzählen. „Substanzkonsum, wie z.B. Alkohol, wird oft als Lösungsversuch genutzt, um mit finanziellen Problemen, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und anderen Belastungen umzugehen. Diese Art der Lösung kann jedoch rasch zu einer Verschlimmerung der Probleme und zu noch größeren Krisen in den verschiedensten Lebensbereichen führen“, so Folie. „Von diesen ist häufig auch das nähere Umfeld betroffen. In der Psychosozialen Beratung bieten wir daher nicht nur unseren Klienten Unterstützung an, sondern auch ihren Familien.“
Keine Arbeit, keine Wohnung
Wenn jemand einmal seinen Arbeitsplatz verloren hat, dauert es oft nicht lange, bis er auch keine Unterkunft mehr hat. „Viele Gäste unserer Wohn- und Beherbergungseinrichtungen leiden unter gesundheitlichen Problemen, die durch ihre Lebensumstände verschärft werden“, sagt Danilo Tucconi, Leiter des Bereiches Wohnungs- und Obdachlosigkeit der Caritas. „Ein Dach über dem Kopf und ein warmes Essen sind zunächst das Wichtigste; gemeinsam mit den Betroffenen suchen wir aber auch nach individuellen Wegen, um dem Kreislauf von Armut und Krankheit zu entkommen.“
Auch Dienste wie die Caritas Telefonseelsorge, der Tagesclub, die Hospizbewegung oder die Männerberatung bieten Menschen, die aufgrund von Armut und/oder Krankheit mit seelischen Problemen zu kämpfen haben oder deswegen unter Einsamkeit leiden (fast die Hälfte der Anrufenden bei der Telefonseelsorge klagt über solche Probleme), ein offenes Ohr und menschliche Nähe an.
Unterstützung für die Caritas
Das ist auch vielfach das, was die vielen Freiwilligen machen, die für die Caritas in den Pfarreien und Diensten im Einsatz sind. „Die Freiwilligen in den Pfarrcaritas-Gruppen im ganzen Land und in den verschiedenen Caritas-Diensten sehen die Not, auch wenn sie versteckt ist, und helfen oft ganz unbürokratisch, sind da, z.B. auch bei krankheitsbedingten Notlagen“, sagt Brigitte Hofmann, die Leiterin des Caritas-Dienstes Pfarrcaritas und Freiwilligenarbeit.
„Eine ungemein große Stütze sind aber auch unsere Spenderinnen und Spender. Ohne ihre Unterstützung könnten wir viele Dienste, die wir Betroffenen kostenlos anbieten, sonst nicht bewerkstelligen“, bedankt sich Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer bei den Spenderinnen und Spendern und bei allen, welche die Caritas im Rahmen der Kampagne „Not ist näher als du denkst“ mit einer Spende entweder bei der Kirchensammlung am Caritas-Sonntag oder über eine Banküberweisung unterstützen werden.
Spenden bei der Bank können unter dem Kennwort „Caritas“ auf eines der folgenden Spendenkonten gemacht werden:
Raiffeisen Landesbank, IBAN: IT42 F0349311600000300200018
Südtiroler Sparkasse, IBAN: IT17 X0604511601000000110801
Südtiroler Volksbank, IBAN: IT12 R0585611601050571000032
Intesa Sanpaolo, IBAN: IT18 B0306911619000006000065
Allgemeine Zahlen zum Gesundheits- und Armutsrisiko in Südtirol
Gesundheitszustand: Der allgemeine Gesundheitszustand der Südtiroler Bevölkerung ist im gesamtstaatlichen Vergleich sehr gut. Die Lebenserwartung lag 2023 bei 84,1 Jahren.
Sucht: Mehr als ein Drittel der Südtiroler im Alter zwischen 18 und 69 gilt als Risikokonsument von Alkohol. Der Dienst für Abhängigkeitserkrankungen betreut jährlich über 1.200 Personen.
Einkommens-Ungleichheiten: Das reichste Fünftel der Haushalte verfügt über mehr als das Fünffache des Einkommens des ärmsten Fünftels.
Armutsgefährdung: Circa jeder fünfte Südtiroler Haushalt ist armutsgefährdet (relative Armut, trotz Sozialtransfers), d.h. sie verfügen über ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des für Südtirol berechneten Jahresmedianeinkommens. Das entspricht ca. 40.000 armutsbedrohten Haushalten, in denen ca. 95.000 Personen leben.
Materielle Deprivation: Viele der von Armut betroffenen oder bedrohten Personen verfügen nicht über ausreichende finanzielle Mittel für notwendige Anschaffungen. Man spricht von materieller Deprivation, wenn sie weniger als 4 der folgenden 9 Ausgaben bestreiten können: Zahlungen für Kredite, Mieten oder Stromrechnungen; angemessene Beheizung der Wohnung; unvorhergesehene Ausgaben in Höhe von 1.000 Euro; regelmäßige fleisch- oder eiweißhaltige Mahlzeiten; Urlaubsreisen; Fernsehgerät; Kühlschrank; Auto; Telefon.
Armutsbedrohung: Häufig verbunden mit niedrigem Bildungsstand, Arbeitslosigkeit/prekärer Beschäftigung, alleinlebend, alleinerziehend, Migrationshintergrund.
Inflation: Im September 2024 lag die Inflation in Bozen bei 1,8 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie der nationale Durchschnitt (0,7 Prozent).