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„Am Rand“: Die Herausforderung von sozialer Ausgrenzung

Unter dem Titel „Am Rand“ fand heute im Jugendzentrum Papperlapapp in Bozen eine Tagung zur sozialen Marginalisierung statt. Anlass war das 25-jährige Bestehen des Caritas-Dienstes für interkulturelle Mediation mit Roma und Sinti. Dabei handelt es sich um einen Dienst, der sich seit einem Vierteljahrhundert für die Sichtbarkeit, Teilhabe und Würde dieser oft übersehenen Minderheiten in Südtirol einsetzt.

 

Im Zentrum der Veranstaltung stand die Frage, wie Ausgrenzung und Stigmatisierung zu tiefen seelischen Verletzungen führen können, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Referierenden betonten, dass Gefühle von Ablehnung, Einsamkeit und innerer Leere häufig in feindseliges Verhalten münden können. Gerade in Zeiten digitaler Überflutung und sozialer Isolation sei es entscheidend, die menschliche Seite in jedem Menschen zu stärken – auch dort, wo sie hinter Erfahrungen von Leid und Ausgrenzung verborgen liegt.

Die beiden Gastreferenten – der Neurologe Marco Francesconi und die Psychoanalytikerin Daniela Scotto di Fasano – erklärten in diesem Zusammenhang, wie Ausgrenzung und Benachteiligung die Psyche von Menschen belasten können  und zwar nicht nur persönlich, sondern oft auch über Generationen hinweg. Sie betonten, dass soziale Einrichtungen und politische Entscheidungen dabei eine große Rolle spielen und dass Fachleute gute Hilfsmittel brauchen, um betroffene Menschen wirksam zu unterstützen.

In Südtirol leben heute rund 900 bis 1.100 Menschen, die der ethnischen Minderheit der Roma und Sinti angehören. Die Sinti sind seit Jahrhunderten Teil der lokalen Gesellschaft; die Roma stammen überwiegend aus dem Balkan und Osteuropa. Trotz ihrer langjährigen Anwesenheit im Land sind beide Gruppen weiterhin von struktureller Ausgrenzung betroffen, sei es im Wohnbereich, im Bildungswesen oder im Zugang zu sozialen Diensten.

Silvia Golino, seit 25 Jahren interkulturelle Mediatorin bei der Caritas, kennt besonders die Lebensrealitäten der Roma in Südtirol aus nächster Nähe. „Die psychoanalytische Forschung zeigt, dass Marginalisierung und Vorurteile, selbst wenn sie historisch erscheinen, tiefe und schwer heilbare Wunden hinterlassen“, betonte sie in ihrem Beitrag. Der Caritas-Dienst für interkulturelle Mediation begleitet Roma, Sinti und andere benachteiligte Gruppen in Südtirol seit 1999. Die Mitarbeitenden arbeiten an der Schnittstelle zwischen sozialen Diensten, Bildungseinrichtungen, Gesundheitswesen und den betroffenen Gemeinschaften. Ziel ist es, Vertrauen aufzubauen, Konflikte zu entschärfen und Teilhabe zu ermöglichen, das alles mit einem tiefen Verständnis für kulturelle Unterschiede und soziale Herausforderungen.

Bei der Tagung brachten sich auch Vertreterinnen und Vertreter von Eurac Research, La Strada – Der Weg und den Sprachzentren des Landes ein, die ebenfalls mit Roma, Sinti und anderen vulnerablen Gruppen arbeiten und sich für eine inklusive Gesellschaft einsetzen.

Zum Abschluss wurden die Ergebnisse des EU-Projekts „enROMyou“ vorgestellt, das sich der Jugendarbeit mit Roma und Sinti widmet. Die Caritas Diözese Bozen-Brixen war zwischen 2024 und 2025 gemeinsam mit Partnern bzw. Partnerinnen aus Österreich, Ungarn und Rumänien daran beteiligt. Ziel war es, innovative Ansätze für die soziale Integration junger Roma und Sinti zu entwickeln, mit dem Fokus auf Bildung, Empowerment und interkulturellem Dialog.

 

25 Jahre interkulturelle Mediation mit Roma und Sinti in Südtirol

 

Seit einem Vierteljahrhundert setzt sich der Caritas-Dienst für interkulturelle Mediation mit Roma und Sinti in Südtirol dafür ein, Hindernisse und Vorurteile abzubauen, die einer würdevollen und integrierten Lebensweise im Wege stehen. Die rund 900 bis 1.100 Angehörigen dieser Minderheit erfahren durch die kontinuierliche Präsenz des Dienstes Unterstützung, Vertrauen und Sichtbarkeit. Viele Mitglieder der Roma-Gemeinschaft wenden sich direkt an die Mediationsstelle der Caritas, wenn sie Hilfe benötigen, was als Zeichen für die gewachsene Beziehung und das gegenseitige Vertrauen gesehen wird.

Dank der langjährigen Arbeit des Dienstes haben sich die Lebensbedingungen vieler Roma und Sinti in Südtirol verbessert: insbesondere im Bereich Wohnen, Bildung und sozialer Teilhabe. Dennoch bestehen weiterhin strukturelle Benachteiligungen, denen der Dienst mit gezielten Maßnahmen entgegenwirkt.

Die Tätigkeiten des Caritas-Dienstes für interkulturelle Mediation umfassen:

  • Unterstützung von Familien im Kontakt mit Behörden und Institutionen
  • Hilfe beim Verfassen von Lebensläufen und bei bürokratischen Anliegen
  • Bildungs- und Berufsorientierung
  • Wohnungssuche und Vermittlung
  • Psychologische und emotionale Begleitung
  • Gelegentliche finanzielle Unterstützung über das Caritas-Zentrum für soziale Beratung
  • Sprachmittlung, insbesondere bei Neuankünften von Asylsuchenden oder Schutzbedürftigen
  • Begleitung beim Schuleinstieg und in Bildungseinrichtungen
Silvia Golino, Daniela Scotto di Fasano, Marco Francesconi
Alessia Fellin, Silvia Golino, Beatrix Mairhofer
Erjon Zeqo
Barbara Gramegna

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